Ein Ermittler rollt den Mordfall um eine junge Frau erneut auf ...
Argentinien 2000: Benjamín Espósito (Ricardo Darín) hat sein ganzes Arbeitsleben als Kriminalbeamter verbracht. Als er in den Ruhestand geht, beschließt er einen Roman zu schreiben. So trifft er die Richterin Irene Hastings (Soledad Villamil), seine große Liebe, nach 25 Jahren zum ersten Mal wieder. Denn er hat vor eine Geschichte über einen Fall zu schreiben, in dem beide Mitte der 1970er verwickelt waren. Ein Fall, der Espósito niemals wieder ganz losgelassen hat: die Aufklärung der Vergewaltigung und Ermordung einer schönen jungen Frau.
Flashback. Argentinien im Jahre 1974: kein friedvoller Ort, sondern vielmehr die perfekte Kulisse für Gewalt, Hass, Rache und Tod, die das Leben der Menschen bestimmt. Espósito wird unmittelbar nach dem Fund der Leiche an den Tatort gerufen. Als erfahrener Polizist hat er schon viele grausame Fälle aufdecken müssen. Doch diesmal ist alles anders. Das Bild der jungen Frau lässt den Beamten nicht los.
Ricardo Morales (Pablo Rago), der Ehemann der Getöteten, ist zutiefst geschockt. Die Liebe seines Lebens wurde brutal vergewaltigt und ermordet. Bewegt von dessen Trauer, versucht Espósito nicht nur ihm dabei zu helfen, den Täter zu finden, sondern möchte dem jungen Mann in dieser schweren Zeit beistehen. Seine Kollegen drängen auf eine schnelle Lösung und überführen zwei Bauarbeiter, die unter Druck den Mord gestehen. Doch Espósito entlarvt dieses Manöver.
Die Suche nach dem wahren Mörder beginnt. Am Tatort findet die Polizei keine aufschlussreichen Hinweise und Espósito muss sich auf bloße Vermutungen und seinen eigenen Instinkt verlassen, um bei der Aufklärung des Falls vorwärts zu kommen. Auf die Hilfe von zwei Personen kann sich Espósito jedoch verlassen: auf die seiner neuen Vorgesetzten Irene, Angestellte bei Gericht, in die er sich auf den ersten Blick heimlich verliebt und die seines Kollegen und engen, aber alkoholkranken Freundes Sandoval (Guillermo Francella).
Je länger die Ermittlungen andauern, desto komplizierter gestaltet sich der Fall. Immer wieder wälzt Espósito die Unterlagen, lässt sich alte Fotos von Ricardo zeigen. Ein Fotoalbum und eine heiße Spur führen zu Isodoro Gómez (Javier Godino), ein Jugendfreund der Ermordeten. Der Blick in seinen Augen, wenn er sie ansieht ...es ist der Blick eines Mörders. Nach einer aufreibenden Suche fassen sie den Verdächtigen und Irene zwingt ihn ein Geständnis abzulegen. Sie haben ihren Mörder. Das bedeutet lebenslänglich. Morales und Espósito sind erleichtert.
Doch dann der große Schock. Nach einem Jahr Haft entdeckt Morales den Mörder seiner Frau plötzlich im Fernsehen. Der verurteilte Isodoro Gómez ist auf freiem Fuß im Dienste des Staates unterwegs. Angeblich kann er dem Staat besser auf freiem Fuß dienen, denn als verurteilter Mörder im Gefängnis.
In dieser feindseligen und dunklen Umgebung führen die Ermittlungen Espósito immer tiefer in eine Welt von grausamer Gewalt. Als sein treuer Kollege Sandoval brutal erschossen wird, scheint Espósito plötzlich nicht nur Beobachter zu sein, sondern wird selbst ungewollt zu einer zentralen Figur in einem Drama, in dem er stetig größer werdenden Gefahren ausgesetzt ist. Er beschließt, sein altes Leben und damit auch Irene hinter sich zu lassen, um aufs Land zu ziehen.
Zurück im Jahr 2000 ist Benjamín Espósito gefangen in seinen Erinnerungen an den Fall und seine große Liebe Irene. Irene erwidert seine Gefühle, die nach all den Jahren immer noch stark sind – genau wie vor 25 Jahren. Er beschließt, Morales zu besuchen, der mittlerweile abgeschieden auf dem Land lebt. Er sieht einen Mann vor sich, der seine Frau unfassbar geliebt hat und sich mit der Situation abgefunden hat. Zu sehr, wie Espósito findet ...
Als der argentinische Kriminalbeamte Benjamín Espósito in den Ruhestand geht, beginnt er, ein Buch über seine Vergangenheit zu schreiben. Es führt ihn zu einem noch ungelösten Verbrechen an einer jungen Frau, die vor über 20 Jahren brutal vergewaltigt und ermordet wurde. Obwohl er damals einen Geständigen fassen konnte, kam dieser bald darauf wieder frei – ein Fall der ihm nie Ruhe gelassen hat. Espósito rollt die Geschichte noch einmal auf und schafft es, nach und nach der Wahrheit auf die Spur zu kommen.
In wunderschönen, stimmungsvollen Bildern erzählt der Oscar prämierte Film von Juan José Campanella einen facettenreichen Thriller über die Suche nach Gerechtigkeit und Wahrheit, verbunden mit der Sehnsucht nach der ewigen Liebe. Neben großartigen Darstellern muss auch die künstlerische Leistung in Sachen Kamera und Ton hervorgehoben werden sowie die geschickte Dramaturgie in den verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen. Über zwei Stunden lang hält der Film durchgehend seine Spannung und entlässt den Zuschauer tief bewegt. Aufregend, spannend und sinnlich knisternd. Die besondere Filmempfehlung!
Prädikat: »Besonders wertvoll«. FBW-Jurybegründung:
Auf den ersten Blick scheint »In ihren Augen« ein Polizeithriller zu sein, in dem gezeigt wird, wie Polizei und Staatsanwaltschaft im Argentinien von 1974 einen Fall von brutaler Vergewaltigung und Mord untersuchen und schließlich aufklären. Aber der Film zwingt das Publikum von Anfang an dazu, genauer hinzusehen.
Der Protagonist Benjamín Espósito versucht 25 Jahre später die Geschichte, die ihn über diese Zeit verfolgt hat, in einem Roman zu verarbeiten. Und er ist unzufrieden mit verschiedenen Anfängen, die der Film als kurze Rückblende zeigt und die dann später auch an passender Stelle der Dramaturgie ausführlicher wieder gezeigt werden.
Hier werden in einer filmischen Ouvertüre die verschiedenen Ebenen und Stimmungen des Films angespielt, denn IN IHREN AUGEN ist auch eine wunderschöne Romanze. Als Erstes fällt ihm ein trauriger Abschied am Bahnhof ein, ein realistisch wirkendes Bild der korrupten politischen Zustände jener Zeit in Argentinien und ein komplexes Drama, bei dem in vielen Variationen immer wieder von verpassten Chancen erzählt wird, nach denen ein verpasstes, leeres Leben droht.
Das Verhältnis von Benjamín zu der jungen Staatsanwältin Irene wird von Juan José Campanella ebenso spannend und intensiv dargestellt wie die Jagd nach dem Täter, die in einer virtuosen fünfminütigen Einstellung ihren Höhepunkt findet, die zwar eine meisterhafte Ausstellung von Filmtechnik ist, aber nie übertrieben wirkt, weil die entfesselte Kamera hier sowohl die manische Atmosphäre eines Fußballspiels wie auch die animalische Energie einer Menschenjagd einfängt.
Genauso packend und intensiv gelingt Campanella aber auch eine ruhige, intime Szene wie das Verhör des Mörders Gómez durch Irene, die nach einem Blick das Geheimnis in seinen Augen erkennt und ihn dann in einem psychischen Duell durch sexuelle Beleidigungen aus der Reserve lockt. Hier erfährt der Zuschauer ganz nebenbei etwas über den unterschwelligen Frauenhass, der im Kern des lateinamerikanischen Machismo lauert und dies ist nur einer der vielen Subtexte, mit denen dieser Film gesättigt ist.
Dennoch wirkt er nie überladen oder konstruiert, denn Campanella entpuppt sich auch als ein Meistererzähler, dem es gelingt, dass das Publikum immer gespannt bleibt, was als nächstes passiert. Dabei kann es laufend neue Leidenschaften und Geheimnisse entdecken, durch die es ein tieferes Verständnis der Charaktere bekommt, sodass auch Nebenfiguren wie Benjamins alkoholkranker Kollege Pablo und Ricardo, der Ehemann der Getöteten, zu den Helden ihrer eigenen Dramen werden. Solch ein ambitionierter, origineller und humaner Film gelingt einem Regisseur selten.
(FBW – Deutsche Film- und Medienbewertung, Wiesbaden)
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